Rückblicke

70 Jahre KZ Walldorf

mit aktiver Beteligung vieler Naturfreunde

aus der Main-Spitze vom 26.11.2014:

WALLDORF - Musik schallt laut durch den Wald, Menschen stehen in Gruppen zwischen den Bäumen. Die Herbstsonne taucht alles in ein warmes und angenehmes Licht, das im krassen Gegensatz zum Anlass der Zusammenkunft steht. An der ehemaligen KZ-Außenstelle Walldorf wird am 70. Jahrestag der Opfer gedacht und mit einem symbolischen Spatenstich der Weg für eine Gedenkstätte geebnet.

Vor zehn Jahren wurden mit der Freilegung der KZ-Außenstelle begonnen. Vom Nazi-Terrorregime ist an dieser Stelle nur noch der Keller der Küchenbaracke übrig geblieben. Es war ein Ort grauenvoller Quälerei und Sadismen der SS. Hier wurden die inhaftierten Frauen von der SS-Wachmannschaft geschlagen oder schlimmer noch, mussten sich gegenseitig quälen.

Zwangsarbeit am Flughafen

Mit einem Dach sollen die Überreste gesichert werden und als Studienort weiter zugänglich bleiben. Das Außenlager Walldorf gehörte zum elsässischen KZ Natzweiler. Hier waren 1944 1700 junge ungarische Jüdinnen inhaftiert. Sie mussten auf dem benachbarten Flughafen arbeiten und eine Rollbahn bauen.

Nach dem Krieg wuchsen Bäume und das Vergessen über die KZ-Außenstelle. Es war einem Zufall zu verdanken, dass dieser Schleier wieder gelüftet werden konnte. Bei einem Besuch in der damaligen DDR stieß Jossy Oswald auf eine Karte, auf dem ein KZ Walldorf eingezeichnet war. Das ließ ihm und weiteren Mitstreitern keine Ruhe mehr. Mit Akribie konnte nicht nur der Lagerplatz ausfindig gemacht werden, sondern auch die Gräber der Opfer in Offenbach auf dem Friedhof, berichtete Oswald mit tränenerstickter Stimme.

Vor zehn Jahren wurde nicht nur mit den Ausgrabungen begonnen, es folgten auch ein Gedenkstein und ein Lehr- und Gedenkpfad vom Familie-Jürges-Weg in Walldorf zum Außenlager. Die Margit-Horváth-Stiftung organisierte dazu viele internationale Jugendtreffen, die mit Seminaren, Zeitzeugengesprächen und Ausgrabungen die Vergangenheit beleuchteten.

Der freigelegte Keller war an diesem Tag zunächst mit einem Netz abgedeckt, das nach dem Spatenstich angehoben wurde. Es symbolisierte den späteren Bau, dessen Dach in Richtung Walldorf geöffnet sein wird. Zuvor hatten Schüler aus den weiterführenden Schulen der Nachbarorte, Walldorfer Bürger und Zeitzeugen ihre Eindrücke geschildert, die sie mit der KZ-Außenstelle verbinden.

Später legten alle Teilnehmer Blumen nieder. Verlesen wurden auch die Namen von Opfern und die Deportationsnummern aus Auschwitz von Frauen, die hier umgebracht wurden. Ein Seminar an der Außenstelle am eigenen Wohnort habe mehr betroffen gemacht als jede Dokumentation über Auschwitz, sagte eine Schülerin.

Als Vertreter der Landesregierung sprach Axel Wintermeyer, Chef der hessischen Staatskanzlei. Er hob die Symbolik des Totensonntags für den Spatenstich hervor. „Die Toten hier sind Teil unserer Vergangenheit und damit Teil unserer Familie“, sagte er. Wintermeyer dankte den Jugendlichen für ihre Arbeit, ohne sie könne diese Erinnerung nicht wachgehalten werden.

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