die Erdgeschichte im Rhein-Main Gebiet

Gesteine und ihre Geschichte So schaffen Geologen neues Bewusstsein für frühzeitliche Entwicklungen
Ein Vortag im Naturfreundehaus in der Reihe „der dritte Freitag“
24.10.2017 Von SUSANNE RAPP (Rüsselsheimer Echo)
Subtropisches Klima herrschte einst in Rüsselsheim. Mammuts, Waldelefanten und Säbelzahntiger lebten an den Ufern von Rhein und Main. Mit einem Vortrag über die Entstehungsgeschichte der Mainspitze informierten die Flörsheimer Geologen Christine Kumerics und Manuel Lauterbach über Landschaftsformen sowie Entstehung und Entwicklung der Rüsselsheimer Gemarkung.
Hier am Horlachegraben hinter der Horlachschänke war ein Mainarm...
Ungeheure Kräfte wirkten sich im Laufe der Erdgeschichte aus. Riesenspalten durchzogen die Erdkruste, und der Oberrheingraben – rund 300 Kilometer lang und 40 Kilometer breit – bildete sich. Im Norden des Grabens liegt Rüsselsheim. Durch Absenkung bildeten sich der heutige Rhein und Main. Doch der Flussverlauf war ein ganz anderer; viele schmale Seitenarme durchzogen die Gemarkung. Der Horlachgraben ist ein noch bestehender Arm des Mains. Viele heute noch sichtbare Gräben im Gelände waren einst Flussläufe.
Für Rüsselsheim und Umgebung bestehe nur eine geringe Erdbebengefahr, und wenn es wackelt, falle höchstens mal ein Buch um, erklärte Christine Kumerics. Es gebe viele Messstationen, die regelmäßig Messungen durchführen. Am 17. März 2017 sei ein Beben in zehn Kilometern tiefe gemessen worden. Die Werte waren so gering, dass sie an der Oberfläche nicht bemerkt wurden.
Mitten im Meer
Erdgeschichtlich betrachtet – die wissenschaftliche Zeitrechnung bewegt sich da im Millionenbereich – lag Rüsselsheim irgendwann einmal mitten im Meer. Erste Meeresvorstöße werden auf die Zeit vor 34 Millionen Jahren beziffert. In Flörsheim fanden sich Überreste einer Seekuh und viele weitere Fossilien, zu denen auch Haifischzähne gehören. Durch das subtropische Klima entwickelte sich eine angepasste Flora und Fauna. Als das Meer sich zurückzog, entstanden Kalkablagerungen. Auch in Bauschheim gibt es diese Kalksteinablagerungen; in Steinbrüchen in Falkenberg/Hochheim, Laubenheim oder auch Weisenau werden die Sandsteinvorkommen abgebaut. Gleichfalls setzten sich Mineralien auf dem Erdboden ab. Auch in Rüsselsheim ergaben Proben die Existenz von Salinar- oder Mineralwasser. Als Quelle wirtschaftlicher Einnahmen werde es jedoch nicht genutzt.
Dem Tropenmeer folgte mit einem anderen Erdzeitalter die Eiszeit. Frostsprengungen bewegten Gesteinsschuttmassen. Gletscher schmolzen ab und das Wasser transportierte Gestein. Bison, Rentier, Mammut, Wollnashorn, Höhlenlöwe und Säbelzahntiger bewohnten zu dieser Zeit die Mainspitze. Während der Eiszeit veränderten sich die Flussarme von Rhein und Main ständig ihren Verlauf.
Vom Rhein als „wildem Burschen“ sprach Manuel Lauterbach, denn er bewegte 16-mal mehr Wasser in seinem Lauf als heute. Dieses Wasser verfrachtete große Sedimentmengen. Am Mainstrand von Flörsheim findet sich Mainschotter, ein bunter Mischmasch von Gesteinssorten. Jeder dieser Steine hat einen langen Weg hinter sich. Buntsandstein kommt aus Franken, Vulkanite aus der Rhön, Gangquarze aus dem Taunus. Alle wurden mit dem Wasser transportiert. Auch Willi Braun von den Naturfreunden wurde am Langsee einem Altmainarm ganz in der Nähe des Naturfreundehauses fündig. Der Stein ist dunkelgrau gefärbt, durchzogen mit hellen Einschlüssen. Sein Fund wurde, so die Einschätzung Lauterbachs, während der letzten Eiszeit vom Fichtelgebirge in die hiesige Gegend gebracht.
Ideal für Spargelanbau
Auch Flugsand wurde im Laufe der Jahrmillionen von den Wassermassen transportiert. Bei Mönchbruch im Rüsselsheimer Wald sind höher gelegene Wege zu finden, die durch Dünenzüge entstanden. Der Sand ist es auch, der die Gegend um Rüsselsheim zu einem idealen Ort für den Spargelanbau macht. Der Ackerboden muss leicht erwärmbar und gut durchwurzelbar sein und darf keine Staunässe halten.
Mit den Informationen des Vortrags werde man beim nächsten Spaziergang die Landschaft mit ganz anderen Augen betrachten, so die Meinung vieler Besucher des Abends – ganz besonders die Steine, die bislang unbeachtet am Ufer liegen. Denn sie haben einen langen Weg hinter sich, Gesteinsart und Beschaffenheit erzählen eine eigene Geschichte.